Die Causa AMG - warum Mercedes den möglichen Spa-Sieg verlor

Es war ein Paukenschlag der dem Qualifying bei den 24h von Spa-Francorchamps folgte. Einige Stunden nach der Mercedes AMG GT-6-fach Pole am Freitag, die eine ähnlich dominante Vorstellung wie bei den 24h am Nürburgring im vergangenen Mai befürchten liess, wurde allen 6 Fahrzeugen an der Spitze die Rundenzeit aus dem Superpole-Qualifying nach der technischen Nachkontrolle gestrichen. Den SRO Offiziellen war diese Dominanz unheimlich vorgekommen und man hatte daher bei der Kontrolle im Parc fermée daher ganz genau hingeschaut. Das Ergebnis war am Ende zwischen den technischen Kommissaren und AMG – die sich zähneknirschend fügen mussten - sehr umstritten und lässt am Ende einige Fragen bezüglich der BoP-Definition offen.

Wie unsere geschätzten Kollegen von Auto Motor Sport eruierten war die Sachlage auch sehr verzwickt. Es basierte darauf, das beim Mercedes AMG GT die Zündkurve der Motorsteuerung, die den Zündzeitpunkt in Abhängigkeit von der Last, der Motordrehzahl und der Motortemperatur festlegt, als BoP-Kriterium mit definiert wurde. Allerdings wurde diese Kurve ohne Toleranzen definiert, wobei die Frage, ob Toleranzen bei einer elektronisch definierten Kurve überhaupt sinnvoll oder relevant sind, wohl nur von Fachleuten beantwortet werden kann. Jedenfalls fiel den erfahrenen Technischen Kommissaren der SRO, die über die in den Wagen installierten Black Boxen schon einen sehr detaillierten Einblick in die Fahrzeugtechnik haben, nach einem Blick in die Tiefen der Motorsteuerung auf, dass die Zündkurve vom in den Homologationspapieren abgelegten Beispiel abwich.

Die Techniker von AMG argumentierten ihrerseits, dass die Kurve sehr wohl identisch war, wenn man hinreichende Toleranzen annehmen würde. Eine Diskussion auf die sich die FIA-Verantwortlichen nicht einliessen, da keine Toleranzen für die Kurve definiert waren. Da die Protestfrist aufgrund der umfangreichen Eruierung der Sachlage mittlerweile abgelaufen war, mussten sich die Mercedes-Verantwortlichen fügen und bis zum Rennen eine neue Leistungskurve in der Motorsteuerung programmieren, mit der die Wagen dann auch ins Rennen gingen. 

Rückblickend lässt sich sagen, dass trotz der pro forma-Leistungsreduzierung die AMG GT noch konkurrenzfähig waren. Alle 6 betroffenen Teams mussten zusätzlich zur Rückversetzung in der Startaufstellung eine 5 Minuten Stop & Go-Strafe im Rennen absolvieren. Da AF Corse-Pilot Rui Aguas den betroffenen Einsatzteams schon in der ersten Runde den Gefallen machte Rinaldi-Ferrari-Fahrer Marco Seefried in den Kies der Pif-Paf Schikane zu bugsieren und die erste Full Couse Yellow zu inszenieren, konnten fast alle Teams diese Strafe unter Gelb absitzen, was den zu erwartenden Rückstund von 2 Runden auf nur eine Runde reduzierte. Da das beste AMG GT-Team, der rote AKKA-ASP Wagen von Renger van der Zande, Felix Rosenquist und Tristan Vaultier am Ende sogar weniger als eine Runde Rückstand auf den siegreichen ROWE Racing BMW M6-GT3 hatte, ist die Vermutung erlaubt, dass die Modifikation der Zündkurve - wo immer sie auch herrührt - Mercedes rückblickend sogar den Sieg beim Klassiker in diesem Jahr gekostet hat.

Die Affäre in Spa-Francorchamps lässt damit leider auch die überragende Vorstellung der Mercedes AMG GT beim diesjährigen 24 Stunden Rennen am Nürburgring in einem fahleren Licht erscheinen. Auch dort hatten im Nachgang des Mercedes-Vierfachsieges einige Konkurrenten gemunkelt, dass es bei der neuen Konstruktion aus dem Hause AMG nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Auch die bislang guten Vorstellungen in anderen Serien, so der 24 Stunden-Serie, der VLN Langstreckenmeisterschaft, der Blancpain Sprint Serie und dem ADAC GT-Masters stehen nun unter Generalverdacht.

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