LMP2 Monokultur hält an

Das bestehende technische Reglement der LMP2 wird noch ein weiteres Jahr fortgeführt. Das hat der FIA Weltmotorsportrat vor einem Monat beschlossen. Das bedeutet, das die bestehende Monokultur der Oreca-Chassis in der FIA Langstrecken Weltmeisterschaft, der Europäischen Le Mans Serie der IMSA-WeatherTech SportsCar Championship und der Asiatischen Le Mans Serie noch mindestens ein weiteres Jahr bis einschliesslich 2023 die LMP2-Szene bestimmen wird. Eigentlich sollten die neuen LMP2 sowie die darauf basierenden LMDh zu Beginn der 2023´er Saison parallel auf die Strecke geschickt werden. Nun werden die LMP2 erst ab 2024 auf die neue technische Basis umgestellt.

Vordergründig werden die Entwicklungsverzögerungen aufgrund der COVID19-Pandemie sowie eine weitere fundiertere Runde bei der Einbremsung der LMP2 auf ein Level unterhalb der LMDh und oberhalb der darunter liegenden LMP3 und GT-Klassen vorgeschoben. Die gleichermassen als Top-Klasse vorgesehenen LMH und LMDh waren deutlich kostengünstiger und somit langsamer konzipiert worden wie die LMP1 was es nötig machte die LMP2 im Vorfeld dieser Saison Gewichts- und Leistungsmässig zu beschneiden. So wurden 20kg Gewicht bei allen Chassis zugeladen und die Leistung um 50PS gekappt.

Ein weiterer Grund könnte allerdings ebenfalls entscheidend sein. FIA und ACO hatten 2020 den Kreis der LMP2- und LMDh-Basischassislieferanten weiterhin auf die lediglich 4 bekannten Konstrukteure Oreca, Ligier, Multimatic und Dallara eingegrenzt. Allerdings sind den 3 letztgenannten in den letzten 2 Jahren sämtliche Kundenteams abhanden gekommen, weil der ACO den 3 Herstellern restiktiv weiter Update-Möglichkeiten gegenüber den initial überlegenen Oreca-Chassis verweigerte. Ohne Kunden mussten die 3 Hersteller ihre kundenservice-Abteilungen in der Folge verkleinern was den Rückstand der verbliebenen Kundenteams auf die Orecas immer weiter anwachsen liess – ein Teufelskreis der bewies das das Hersteller-Oligopol-Konzept des ACO im Kern nicht aufgeht, was auch durch eine parallele Entwicklung bei den LMP3 unterstrichen wird.

Hätten nun alle LMP2-Kunden parallel zu Beginn 2023 neue Autos (oder Update-Kits für bestehende Chassis) liefern müssen so hätte Oreca vor dem nicht unwesentlichen Problem gestanden in Kürze über 50 Chassis bzw. Kits parallel zu den LMDh-Projekten aufbauen zu müssen, was in Sicherheit zu Wettbewerbverzerrungen geführt hätte. Mit dem zugunsten der dringender benötigten LMDh versetzten Debüt der LMP2 schafft man zum einen den Konkurrenten von Ligier , Multimatic und Dallara etwas Atemspielraum um die Basischassis dank der Ausgaben der sponsornden Grossserien-Hersteller auf ein Level mit den Orecas zu bringen. Zum Anderen kann Oreca seine Liefer-Prioritäten langfristiger kalkulieren.

Allerdings zementiert das verschobene Debüt der neuen LMP2 die Oreca-Monokultur für ein weiteres Jahr im ACO-Universum. Bestehende Oreca-Kunden werden sich einen Wechsel zu einem der 3 alternativen Hersteller danach gründlich überlegen, es sei denn Oreca führt ähnlich Porsche zu Beginn der 2000´er Jahre ein Budget-basiertes Ranking der Kundenteams ein, was dann wieder Kunden in die Arme anderer Hersteller treiben würde. Im Sinne der Fans wäre zumindest wünschenswert das endlich wieder etwas Abwechslung in die Klasse kommt, die früher bis zu 7 verschiedene, ständig wechselnde Hersteller pro Saison aufwies.

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