Jörg van Ommens GT4-Pläne 2020

Ex DTM-Pilot Jörg van Ommen ist mit seiner JvO Autosport-Mannschaft einer der potentiellen Teilnehmer der DTM-Trophy. Im Gespräch mit GT-Eins erläuterte der 58-jährige Teamchef, der mit seiner 2005 gegründeten Mannschaft nun einen zweiten Anlauf im GT4-Sport beginnt, seine Pläne für 2020, die wie die aller anderen Teams wegen der Corona-Krise derzeit vor einer grossen Unschärfe stehen. Zugleich gab der 5-fache DTM-Laufsieger eine kritische Einschätzung bezüglich des Weges, auf dem der GT4-Sport sich derzeit seiner Meinung nach befindet, ab.

„Wir hatten schon letztes Jahr eigentlich vor, unter eigenem Namen in die ADAC GT4 Germany einzusteigen und dort einen Mercedes AMG GT4 einzusetzen. Zwar ist unser letztes Jahr für diesen Zweck erworbenes Auto dort auch gestartet, wurde dann dort allerdings von GetSpeed Performance als Einsatzteam betreut. Dieses Auto sollte nun 2020 mit zumindest einem Kunden in der DTM-Trophy antreten, wobei wir als Zweitprogramm einen Nürburgring Langstrecken Serie-Einsatz mit 2 Kundenpiloten ins Auge gefasst hatten.

Allerdings habe ich im Augenblick starke Zweifel, ob der Einsatz im DTM-Paket noch zustande kommen wird – weniger wegen der vertraglichen Umstände mit meinem Fahrer, als vielmehr wegen der augenblicklichen Situation aufgrund der COVID 19-Pandemie. Ich rechne nicht damit, das sich dieses Jahr aufgrund der Reisebeschränkungen etwas anderes als nationale Serien mit stark eingeschränktem Terminkalender realisieren lassen. Eine Serie wie die DTM als Grossveranstaltung mit einem überwiegend internationalen Starterfeld und einem auch historisch bedingt internationalen Kalender, wird nach derzeitiger Lage arge Probleme bekommen, ihre Veranstaltungen unter den jetzigen Rahmenbedingungen bezüglich Seuchenhygiene und Reisebeschränkungen ausrichten zu können. Auch alle anderen internationalen Veranstaltungsreihen, wie die SRO- und die ACO-Serien werden hier noch massive Probleme bekommen. Ich halte es daher augenblicklich für wahrscheinlicher, das wir lediglich ein eingeschränktes nationales Nürburgring Langstrecken Serie-Programm mit dem Mercedes AMG GT4 realisieren können. Dort würden wir dann in der SP10-Klasse starten, wobei ich im Augenblick angesichts der Lage natürlich noch nicht sagen kann, in welchem Umfang wir dieses Programm dann auch wirklich durchziehen werden.“

Der Einstieg mit einem AMG ist van Ommens zweiter Anlauf in der GT4-Szene. Schon 2008 hatte man auf Bitten der SRO eine GT4-Studie des Audi TT aus den damals in der SP3T-Klasse der VLN startenden Einsatzfahrzeugen der Mannschaft aufgebaut, die zwar im Pilotrennen vielversprechende Leistungen zeigte, die aber danach aufgrund fehlender Werksunterstützung und zunehmenden Leistungsdefiziten gegenüber den GT4 neuerer Bauart nie zur Homologationsreife gelangte. Van Ommen gibt auch unumwunden zu, das er angesichts der Entwicklung, die der GT4-Sport seitdem genommen hat, mit der Klasse fremdelt.

„Ich habe mich vor einem Jahr eigentlich widerwillig zum Kauf des GT4 von den späteren Kundenpiloten überreden lassen. Das Preisniveau ist seit der Zeit, wo ich die Klasse kennen gelernt habe, drastisch angezogen. Für unseren TT wurde damals 2008 ein Aufbaupreis von unter 100T€ kalkuliert. Heute wird von den Herstellern der Weg favorisiert, statt dessen wirklich teure Renntechnik in die Chassis einzubauen, nur um die teuer erkauften Vorteile nachher mit Leistungsbeschneidungen und Zusatzgewichten wieder einzupegeln. Das ist in meinen Augen vollkommen widersinnig. Der AMG hat zum Beispiel ein teures über Pneumatik geschaltetes, sequenzielles Getriebe verbaut. Dieses hat hohe Revisionskosten, ist meiner Meinung nach keinen Deut zuverlässiger als das ohnehin schon gute Doppelkupplungsgetriebe, das im AMG drin ist und die BoP-Gewichte, die du als genormte und per Homologation vorgeschriebene Teile zum Leistungsausgleich hinzu kaufen musst, kosten auch noch ein Schweinegeld – über 3000€ in unserem Fall!!

joergvanommenUnd AMG ist da keine Ausnahme – Porsche, Audi und BMW machen es ja nicht anders. Da werden exzellent engineerte Karbonfaserteile für teures Geld in den Evostufen verbaut, deren Vorteile dann durch kleinere Restriktoren, kostenpflichtige Bleiplatten oder höher gelegte Bodenfreiheiten umgehend wieder zunichte gemacht werden. Das dient in meinen Augen lediglich dazu manchen Kundenpiloten, die meinen, ihre eigenen fahrerischen Unzulänglichkeiten mit teurer Technikaufrüstung ausgleichen zu können, das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und weil dann alle anderen Teams glauben, dann nachziehen zu müssen, wird da ein grosses Geschäft für die Hersteller daraus. Ein Wagen, so wie wir ihn hier stehen haben, kostet in der Anschaffung weit über 200.000€. Zudem kommen wir mit allen Revisionskosten auf einen Kilometerpreis von 10€/km. Da sind die Reifen noch nicht drin. Der teils massive Wertverlust nach Ablauf der Einsatzzeit ist dabei in den Kosten auch noch gar nicht berücksichtigt. Das ist hirnrissig! Selbst in der Ferrari-Challenge und im Porsche Sports Cup, wo wir in den letzten Jahren unterwegs waren, sind solche Exzesse nicht üblich.

Meiner Meinung nach sollte sich der GT4-Sport auf Racing für Einsteiger statt auf Engineering beschränken. Was wir heute haben ist Engineering statt Racing! Es ist durchaus möglich ein GT4-Auto für 50.000€ weniger – also einen Preis von maximal 120-150T€ auf die Räder zu stellen. Das würde zudem funktionieren, wenn die Kunden und die für die BoP verantwortlichen Sportbehörden so manches Aero- oder Kohlefaser Upgrade-Paket mit den zwangsläufig folgenden Leistungs-Beschneidungen kritisch hinterfragen und sich dem auch mal verweigern würden. Dem Sport würde es nur gut tun!“

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